Richtig finanzieren
Wer bauen will, muss oft eine Bank in Anspruch nehmen. Doch bevor wir überhaupt zu einem Hausanbieter gingen, haben wir einen ersten Kassensturz gemacht: Welche Ausgaben werden monatlich abgebucht, welche Barausgaben fallen an, welche Einnahmen kommen rein? War nicht auch ein Kind für die nächste Zeit eingeplant? Wir hatten die Ausgaben etwas großzügiger bemessen, die Einnahmen dafür etwas knapper gerechnet. Vergesst bitte die kleinen Ausgaben nicht. Hier 50 Euro fürs Fitnessstudio, da 20 Euro für den Restaurantbesuch, 50 Euro für Frisör sowie unregelmäßige Ausgaben für Auto oder Kleidung läppern sich zusammen und können später zum Engpass führen. Zusatzeinnahmen wurden außer acht gelassen. Aufgrund dieser ersten Schätzung erschien der Hausbau grundsätzlich möglich, da wir etwa 1000 Euro im Monat zum Sparen übrig hatten.
Der ermittelte Wert ist sicher individuell verschieden, aus unserer Sicht sind 1000 Euro ein guter Richtwert für ein schlüsselfertiges Massivhaus mit Grundstück. Weniger lohnt nur, wer selbst größere Bauleistungen erbringen kann. Beachtet dazu bitte unsere Tipps zu Eigenleistungen. Überlegt jetzt schon, wie Ihr das Darlehen tilgen wollt. Viele vergessen, die Darlehensrückzahlung einzuplanen und gucken nach Ablauf der Zinsbindung komisch aus der Wäsche, weil vom Kredit noch rund 80% übrig sind, obwohl man doch fleißig Geld an die Bank überwiesen hat… Tja Leute, das waren eben nur die Zinsen.
Wenn klar ist, was im Monat übrig ist, könnt Ihr die Gesamtkosten des Bauvorhabens ermitteln. Rechner findet Ihr im Internet mit dem Stichwort "Darlehensrechner" genug. Von der ermittelten Zahl zieht Ihr die Grundstückskosten und etwa 20-25% der Gesamtkosten ab. Wozu dieser Abzug? Nun der Notar verlangt Gebühren, die Bank, das Finanzamt auch, die Medien (Strom, Wasser, Abwasser, Gas) buddeln sich nicht von alleine ein, der Vermesser muss vielleicht antraben, um verschüttete Grenzsteine zu finden und bei der Gestaltung des Hauses sowie der Außenanlagen hat Bauherr bzw. Bauherrin ja schließlich auch noch Wünsche. Das alles kostet mehr, als mancher schätzt, glaubt es uns.
Jetzt ein paar schlechte Nachrichten: Wer den Eigenanteil von 20-35% der Gesamtsumme nicht aufbringen kann oder auf die Eigenheimzulage angewiesen ist, um ein Haus bauen zu können, sollte die Finger davon lassen. Im ersten Fall bekommt Ihr von der Bank sowieso keinen Kredit, im zweiten Fall schafft Ihr die Finanzierung nicht, weil die Bank Eure Monatsraten nicht um den Anteil der Eigenheimzulage reduziert. Die Bank verlangt immer den vollen Betrag, auch wenn der Finanzplan rein rechnerisch was anderes ausweist. Lasst Euch nicht veralbern. Eigenheimzulage wird vom Finanzamt in einer Summe für das zurückliegende Jahr ausgezahlt! Bis dahin müsst Ihr das Geld quasi vorstrecken.
Da Ihr nun endlich wisst, wieviel Geld Ihr ausgeben dürft, steht der Auswahl eines Hausanbieters nichts mehr im Weg. Viel Spass bei der Auswahl Eures Traumhauses! Bitte seid nicht traurig, wenn Ihr zu der Erkenntnis kommt, dass die Hausfinanzierung (vielleicht jetzt noch) nicht klappt. Vielleicht hilft es, ein paar Jahre heftig daraufhin zu sparen. Fangt auf keinen Fall an, mit fragwürdigen Methoden den Preis abspecken zu wollen. Jeder Kompromiss rächt sich böse, sei es, dass Eigenleistungen doch nicht erbracht werden können, ein windiger Bauunternehmer, der nach dem Megakampfpreis pleite gegangen ist, das Haus nicht fertigstellt oder ein Finanzmakler mit einem wirren Konzept Euren finanziellen Ruin besiegelt. Seid ehrlich und gesteht es Euch ein, wenn Ihr nicht in der Lage seid, ein Haus zu finanzieren. Das ist zehnmal besser, als alles zu verlieren und obendrein noch Riesenschulden zu haben.
Wer seine Vorüberlegung zur Finanzierung gründlich angestellt hat, wird bereits jetzt mit konkreten Vorstellungen zum Finanzmakler oder der Bank gehen. Eines solltet Ihr im Hinterkopf behalten: Eure Hausfinanzierung ist eine Spekulation auf steigende oder fallende Zinsen. Verabschiedet Euch von der Vorstellung, es gäbe die absolut sichere und zinsgünstige Finanzierung. Ihr wisst nämlich nicht, wie sich der Kapitalmarkt entwickelt. Steigen die Zinsen und soll ich ein Konstantdarlehen nehmen oder fallen die Zinsen und bin ich mit einem Darlehen, welches z.B. an den EURIBOR gebunden ist, besser bedient? Lohnt sich ein Fremdwährungsdarlehen? Sichere ich die Rückzahlung des Kredites über eine Lebensversicherung oder einen Bausparvertrag ab?
Diese Fragen kann Euch kein Makler beantworten. Er muss Euch aber die verschiedenen Varianten mit Chance und Risiko aufzählen, entscheiden müsst Ihr dann selbst. Verlangt verschiedene Finanzierungs-Varianten! Lasst Euch nicht mit dem 0815-Standard-Angebot abspeisen. Das günstigste Angebot ist dasjenige, welches die geringste Gesamtbelastung bis zur vollständigen Tilgung ausweist, meist also die kürzeste Laufzeit hat. Daher die Faustregel: Kann man viel und innerhalb kurzer Zeit tilgen, dann muss nicht so sehr auf die Zehntel hinter dem Komma geachtet werden. Ist dies nicht möglich, dann den niedrigsten Zinssatz wählen.
An dieser Stelle breche ich mal eine Lanze für das oft zu Unrecht gescholtene Finanz-Gewerbe. Vielfach wünscht nämlich der Kunde das Unmögliche und schlägt alle Warnungen in den Wind. Geiz und Gier sind schlechte Berater. Deshalb ist ein Euch vertrauter Finanzmakler bei der Hausfinanzierung schlicht unumgänglich. Ihr könnt Euch nicht parallel auf viele Dinge erfolgreich konzentrieren. Überlasst die Finanzierung demjenigen, der was davon versteht. Dafür könnt Ihr ruhigen Gewissens rund 3% der Kreditsumme als Provision abdrücken. Achtet auf den Vertrag. Die Summe ist die Dienstleistung, wenn sie gut ausgeführt wird, ernsthaft wert. Wir selbst haben von der Bank relativ wenig mitbekommen, das Meiste wurde uns tatsächlich abgenommen.
Jörg Fritzsche
Erstellt mit phpCMS und Uli Meybohm's HTML-Editor Phase5.
Zuletzt geändert am: 11.05.2014